Das Handwerk steht vor spannenden Zukunftsaufgaben – trotz Krisen

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Energie-Knappheit, Teuerungskrise – die Abfolge an Krisen trifft das Handwerk besonders hart. Für manche Gewerke nimmt die derzeitige Situation sogar existenzbedrohende Formen an. Vor allem für solche, bei denen schon vor Monaten die Steigerungen bei den Rohstoffpreisen hineinspielte und die nun zusätzlich die Energiekostensteigerungen und Teuerungen zu verkraften haben. Hiervon betroffen sind etliche energieintensive Betriebe.

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Gleichzeitig heißt es, die Augen nach vorne zu richten, denn bis 2027 stehen etwa 41.700 Klein- und Mittelbetriebe mit über 400.000 Arbeitsplätzen zur Übergabe an.

Und wie sieht die Zukunft des Handwerks aus – welche Probleme, aber auch welche Chancen tun sich für Unternehmensnachfolger auf?

Das Brisante: Durch die Krisen haben auch gesunde Betriebe wirtschaftlich zu kämpfen

In Österreich gibt es verschiedene Organisationen und Institutionen, die die Interessen des Handwerks vertreten. Eine der wichtigsten ist die Wirtschaftskammer Österreich (WKO), die die Interessen von Unternehmen, einschließlich Handwerksbetrieben, auf politischer Ebene vertritt.

Innerhalb der WKO gibt es spezielle Fachgruppen, die sich auf verschiedene Handwerksbranchen konzentrieren. Diese Fachgruppen bieten Unterstützung und Beratung für Unternehmer, setzen sich für bessere Rahmenbedingungen ein und vertreten die Anliegen ihrer Mitglieder gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit.

Für spezifische Anliegen können Handwerksbetriebe auch lokale Innungen oder Fachverbände kontaktieren, die auf regionaler Ebene tätig sind und spezielle Interessen vertreten.

In Österreich gibt es eine Vielzahl von Handwerksbetrieben, die in unterschiedlichen Branchen tätig sind. Laut der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) gibt es mehrere zehntausend Handwerksbetriebe, die in verschiedenen Bereichen wie Bau, Elektro, Sanitär, Gastronomie, und viele andere tätig sind, und von der WKO vertreten werden.

Die WKO kennt die Nöte der Unternehmer. Angesichts der sich verschärfenden Lage plädiert die WKO für zielgerichtete Entlastungen für das Handwerk – und das so schnell wie möglich. Durch die multiplen Krisen wurden auch gesunde Betriebe mit funktionierenden Geschäftsmodellen in Mitleidenschaft gezogen. Denn die enormen Kostensteigerungen und eventuelle Lieferengpässe erschweren das Business außerordentlich.

Forderungen des Gewerbes und Handwerks für 2025

  1. Wachstumsimpulse setzen
    Das Gewerbe und Handwerk weist bereits das 4. Jahr in Folge ein reales Umsatzminus aus. Die Bauwirtschaft befindet sich in einer tiefen Krise.
  2. Stopp den Bürokratieirrsinn
    Der bürokratische Mehraufwand belastet die Betriebe des Gewerbes und Handwerks mit Euro 4,3 Milliarden pro Jahr. Das entspricht 42.000 Vollzeitbeschäftigten, die ansonst produktive Arbeit leisten könnten. Schon 10 % davon wären ein sensationelles Entlastungspaket!
  3. Lohnnebenkosten senken
    Der Faktor Arbeit ist in Österreich im internationalen Vergleich überaus stark belastet (Rang 3 im OECD-Vergleich). Eine Senkung der Lohnnebenkosten bringt gerade im Gewerbe und Handwerk mehr Beschäftigung, mehr Konsum und Investitionen.
  4. Leistungsbereitschaft stärken
    Tatsächlich haben die Arbeitnehmer*innen in Österreich 2023 im Durchschnitt nur 29,2 Stunden pro Woche gearbeitet. Die Teilzeitquote ist die zweithöchste in Europa. Nur 56 % der 55- bis 64-Jährigen sind noch erwerbstätig.
  5. Qualifikation schafft Qualität und Sicherheit
    Wissen und Fertigkeit sind das Schlüsselkapital für den Wirtschaftsstandort Österreich. Gerade die Dynamik der digitalen Wissensgesellschaft erfordert eine stetige Weiterentwicklung der Qualifikation.
  6. Berufspraktische Bildung fördern
    Der Staat investiert viel mehr in die tertiäre Bildung von Student*innen an Universitäten und Fachhochschulen als für Absolvent*innen der berufspraktischen Bildung.
  7. Neue Fachkräfte gewinnen
    Die Suche nach Fachkräften ist im Gewerbe und Handwerk eine der drängendsten Herausforderungen.
  8. Energiewende gestalten
    Die grüne Transformation ist eine der größten Strukturänderungen, die sowohl die Unternehmen als auch die Haushalte betrifft.
  9. Betriebe konkret entlasten
    In den nächsten Jahren stehen mehr als 50.000 Familienunternehmen zur Betriebsübergabe an. Im betrieblichen Alltag fallen bei Kündigungen und Freizeitunfällen oft hohe Kosten für das Unternehmen an.

Detailierte Informationen zu o. g. Punkten finden sie unter Forderungen des Gewerbes und Handwerks für 2025 – WKO

Langfristig sind die Perspektiven für Nachfolger im Handwerk sehr gut

Was sind die zentralen Herausforderungen für kleine und mittelständische Handwerksbetriebe? Die Antworten liefert die deutsche Studie Zukunft Handwerk, deren Ergebnisse auch für österreichische Betriebe relevant sind.

Der demografische Wandel und der damit verbundene Fachkräftemangel, die steigende Komplexität von Bauvorhaben sowie ungelöste Nachfolgesituationen stellen die zentralen Herausforderungen dar. Bis 2030 prognostizieren die Studienautor*innen eine zunehmende Marktkonsolidierung sowie eine stetig wachsende Kluft zwischen Angebot und Nachfrage.

„Die Energiekrise und die Klimaziele lassen die Nachfrage nach Handwerkern weiter explodieren, aber wer soll diese Nachfrage eigentlich bedienen?“, lautet eine Frage, eines in der Studie befragten Geschäftsführer eines Handwerksbetriebes. Im Rahmen der Erhebung wurden qualitative Interviews mit mehr als 150 Eigentümer*innen von Handwerksbetrieben unterschiedlicher Größenklassen durchgeführt. Hinzu kamen Sekundärdaten und Gespräche mit Branchenexperten.

Aus der Studie gehen drei wesentliche Herausforderungen hervor.

Erstens wird sich die Fachkräftelücke in den nächsten Jahren weiter vergrößern. In konkreten Zahlen für den deutschen Markt heißt das: Die 46.984 freien Stellen aus dem Jahr 2022 werden bis zum Jahr 2030 auf 75.970 anwachsen. Das bedeutet eine Steigerung um 62 Prozent. Ein vergleichbarer Wert darf auch für Österreich angenommen werden.  Treiber und wesentliche Gründe sind der demografische Wandel, eine zunehmende Akademisierung sowie die wachsende Nachfrage, bedingt durch den Kampf gegen den Klimawandel und die damit verbundenen politischen Vorgaben.

Zweitens erhöht sich nicht nur die Nachfrage, sondern auch die Komplexität der Bauvorhaben nimmt deutlich zu. Dies ist zum einen auf höhere Kundenansprüche zurückzuführen, zum anderen aber auch auf einen Trend hin zu größeren Bauprojekten sowie den vermehrten Einsatz moderner Technologien. So benötigt man für den Einbau einer Wärmepumpe samt Photovoltaikanlage Kenntnisse und Fähigkeiten aus mehreren Gewerken, die sich aktuell in einem traditionellen Heizungsinstallationsbetrieb nicht immer finden lassen.

Als dritte große Herausforderung sehen die Autor*innen eine Vielzahl ungelöster Unternehmensnachfolgen, die in den nächsten Jahren aufgrund des Pensionseintritts der Eigentümer*innen weiter zunehmen wird.

Die Studie kann in der Vollversion Zentrale Herausforderungen und Lösungsansätze – S&B Strategy GmbH – Strategie- und M&A-Beratung für die Baubranche kostenlos geladen werden.

Das Bildungsmantra lautet: Abi und Studium sind die Basis für eine berufliche Karriere

Nach wie vor hat das Handwerk ein Imageproblem: Die Leistungen zu teuer, die Ausbildung unattraktiv. Die meisten Jugendlichen wollen an der Uni studieren.

Wird die Bedeutung des Handwerks unterschätzt? Eine repräsentative Forsa-Umfrage Ende 2021 hat ergeben, dass 87 Prozent der Deutschen dem Handwerk eine große gesellschaftliche Bedeutung zumessen und es für sehr wichtig halten. Dass sich dennoch zu wenige junge Menschen für einen Handwerksberuf entscheiden, hat vor allem mit dem in Deutschland seit Jahrzehnten verfolgten Bildungsmantra zu tun. Danach seien angeblich Abi und Studium der Königsweg für beruflichen und gesellschaftlichen Erfolg. Ein vergleichbarer Wert darf auch für Österreich angenommen werden.

Bei all den Herausforderungen bieten sich auch viele Chancen

Die Ergebnisse einer jährlichen österreichweiten Unternehmensbefragung („Arbeitskräfteradar“) im Auftrag der WKO (Durchführung April 2024; n = 2.793 Unternehmen) zeigen, dass trotz eines Rückgangs seit 2022 der Arbeits- und Fachkräftemangel in Österreich im April 2024 auf einem sehr hohen Niveau liegt (rund 193.000 offene Stellen für Fachkräfte bezogen auf alle Mitgliedsbetriebe der WKO), welcher im überwiegenden Teil der österreichischen Betriebe (82%) spürbar wird, die Arbeitsbelastung der Unternehmer*innen, ihrer Familienangehörigen und der aktuellen Mitarbeiter*innen erhöht, die Qualität der Leistungserbringung und die Zufriedenheit der Kund*innen gefährdet, die Innovationsfähigkeit einschränkt und auch zu deutlichen Einbußen des wirtschaftlichen Erfolgs der österreichischen Unternehmen (weniger Umsatz und höhere Kosten) führt.

Bei all den Herausforderungen, die das Handwerk momentan zu bestehen hat, gibt es auch große Erfolgsaussichten für jene, die bereit zur Nachfolge sind: In den nächsten Jahren stehen mehr als 50.000 Familienunternehmen zur Betriebsübergabe an, das sind 50.000 Chancen darauf, schon in jungen Jahren seine eigene Chefin oder sein eigener Chef zu werden, seine Ideen zu verwirklichen, ein Team zu führen. Wer einen Betrieb übernimmt, der gestaltet Bewährtes neu und bewahrt Ausbildungs- und Arbeitsplätze und wertvolles Know-how. Und spannend sind ganz sicher all die anstehenden Aufgaben in den kommenden Jahren, für die qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker zwingend gebraucht werden. Die Arbeit wird im Handwerk ganz sicher nicht ausgehen bei all den Zukunftsaufgaben beim Klimaschutz, bei der Energie- und Mobilitätswende, beim Wohnungsbau oder der Versorgung einer immer älteren Bevölkerung. All diese Transformationsprozesse werden nur mit dem Handwerk als Umsetzer gelingen können.

Das richtige Programm für Handwerker

Um für alle Fälle gerüstet zu sein empfehlen wir unser Programm speziell für Handwerker –> Sage 50 Handwerk.

Marion Kassl
Produktspezialistin Sage 50