Mehr oder sogar ganzheitlich mit Daten zu arbeiten, sagt sich in der Theorie leichter, als es in der Praxis zu leben. Eine Datenstrategie ist nur die halbe Miete und kann wirkungslos verpuffen, wenn sie nicht den nächsten Schritt vollzieht, indem sie im ganzen Unternehmen gelebt und umgesetzt wird.
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Wer seine Hausaufgaben mit einer Datenstrategie gemacht hat, findet zumindest schon definierte Ziele der Datenstrategie und Ansätze für die Praxis – sie umzusetzen gestaltet sich jedoch oft schwierig. Warum das so ist, zeigt ein simples Beispiel: „Wenn ich anfange, datengetrieben zu arbeiten, ist die ‚HIPPO‘, also Highest Paid Person Opinion, weniger wert als die Daten. Ich muss der Meinung der am besten bezahltesten Leute im Unternehmen Grenzen setzen. Je weiter oben die Leute stehen, die sich von Daten kaum beeindrucken lassen, desto schwieriger wird es,“ erklärte Harmut König, CTO Central Europe bei Adobe im SAGE-Interview zum Thema Datennutzung.
Eine Studie aus dem Jahr 2021 von Hewlett Packard Enterprises (HPE) zeigt, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen Schwierigkeiten haben, Daten effektiv zu nutzen. Und gerade im Mittelstand sind oft noch gewachsene Hierarchien zu finden, es wird oft noch „Top Down“ bei Entscheidungen gelebt. Unternehmen mit bis zu 250 Mitarbeitern kommen laut HPE auf den niedrigsten Wert bei der Arbeit mit Daten. „Es gibt keine Abkürzung auf dem Weg in die Daten-Ökonomie, er erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Facetten eines Unternehmens betrifft,“ kommentiert Rainer Peter, Leiter der Business Solutions Group bei Hewlett Packard Enterprise.
Doch welcher Ansatz lässt sich finden, der zum Umdenken im ganzen Unternehmen motiviert?
Kundenzentrierung als der richtige Ansatz
Der vielleicht beste ganzheitliche Ansatz und eine Starthilfe für den Weg zum datenzentrierten Unternehmen ist die Kundenzentrierung. Mit diesem Prinzip stellen – wie der Name schon verrät – Unternehmen den Kunden in den Mittelpunkt ihrer Strategie. An dieser Stelle ist heute sowieso Umdenken dringend gefragt und angesagt. Durch das Internet sind Produkte und Dienstleistungen so leicht vergleichbar und austauschbar wie nie zuvor. Wer sich selbst und seine Produkte als Zentrum sieht, um das sich das Universum dreht, wird nicht mehr lange mit dieser Sicht durchkommen.
Immer mehr Kunden bevorzugen das Selbstbedienungsprinzip – auch im B2B-Bereich, wo langjährige Geschäftsbeziehungen mehr zählen als bei Konsumenten. Die Einkäufer und Entscheider im Geschäftsbereich werden jünger und Verhaltensweisen aus dem Privatleben, wie schnelle, einfach Preisvergleiche und dort einzukaufen, wo es bequem funktioniert und schnell geliefert wird, geben egal in welcher Branche immer öfter den Ausschlag für den Erfolg. Deshalb ist es die aktuell und in Zukunft beste Strategie, sich auf den Kunden und seine Bedürfnisse als Unternehmen möglichst gut einzustellen und ihm auf dem Weg zu seinen Entscheidungen das bestmögliche Erlebnis zu bieten. Wieviel das Kundenerlebnis ausmachen kann, zeigt der Siegeszug von Amazon im E-Commerce-Bereich. Das Unternehmen richtet sich früh und so konsequent wie kein anderes radikal auf einfachen, schnellen Einkauf und Kundenservice aus und zog so schnell an eingesessenen Versandhändlern vorbei. Erst im Buchhandel, später in allen Bereichen fand eine Revolution statt.
Daten liefern den Weg zum Kunden
Hier kommen dann wieder die Daten und die Arbeit mit Daten ins Spiel, jedoch mit einem klaren, definierten Ziel. Digitalisierung ist manchmal ein Fluch, wie mit der vorhin angesprochenen leichten Vergleichbarkeit, aber auch ein Segen. Kundenzentrierung lässt sich dann Digitalisierung sehr viel umfangreicher und besser umsetzen. Unternehmen lernen digital sehr viel mehr über ihre Kunden und Interessen. Es lässt sich leicht messen, welche Newsletter oder Angebote der Kunden geklickt hat. Die Customer Journey – der Weg des Kunden vom ersten Interesse bis zum Vertragsabschluss – wird heute immer komplexer.
Kunden können etwa über einen Blog-Post auf ein Produkt aufmerksam werden, dann ein Whitepaper herunterladen, sich dann für ein Webinar anmelden. Später kommt es zu einer Telefonberatung und nach weiterer eigener Recherche des Kunden zum Vertragsabschluss. Unternehmen und Produkte haben heute viele Berührungspunkte mit dem Kunden – beispielsweise Telefon, E-Mail, Chat, Videochat und Social Media. Im Marketing werden diese Berührungspunkte Touchpoints genannt. Der Kunde bedient sich nicht nur selbst auf dem Weg zur Kaufentscheidung, er wechselt diese Kanäle ständig und nach Belieben. Gleichzeitig erwartet er aber ein nahtloses Kundenerlebnis. Das heißt, er erwartet bei einem Anruf zur Kundenberatung, dass der Berater im Idealfall seinen Namen und seine Vorgeschichte, etwa vergangene Käufe oder Interessen, bereits kennt.
Persönliche Ansprache gefragt
Unternehmen, die mit einer Datenstrategie Silos aufbrechen und Kundendaten im Unternehmen zentral zugänglich machen, lernen in jeder Abteilung den Kunden besser kennen. Daten aus allen Touchpoints und Kanälen werden zentral zu jedem Kunden nicht nur gesammelt. Datenanalyse hilft, den nächsten sinnvollen Schritt auf dem Weg zur richtigen Ansprache vorauszuplanen, etwa ob und wann dieser per E-Mail für eine Telefonberatung eingeladen werden sollte. Unternehmen, die so ihre Kundenkommunikation auf allen Kanälen flexibel gestalten, verbessern nicht nur ihren Umsatz durch mehr Verkaufserfolg, sondern der Kunde wird zu einem begeisterten und loyalen Kunden, weil er sich verstanden fühlt und die Customer Journey sich reibungslos und persönlich anfühlt.
Die zweite heute wichtige Zutat für das Erfolgsrezept ist die Personalisierung. Kunden erwarten heute nicht nur, dass Unternehmen verantwortungsvoll mit ihren Daten umgehen, sondern dass sie Empathie zeigen. Beispielsweise sollen sie sich in die Lage des Kunden versetzen können und wissen, was dem Kunden wirklich wichtig ist. Dazu gehört, dass richtige Inhalte und Themen zur richtigen Zeit über digitale Kanäle am richtige Ort ausgespielt werden. Das ist laut dem aktuellen Adobe Trust Report von April diesen Jahres für 62% der Befragten wichtig. Sich verstanden fühlende Kunden bauen so dann ein vertrauensvolles und langfristiges Verhältnis auf. Die Studie berichtet nicht nur, dass heute bei jeder Interaktion mit dem Kunden das Vertrauen auf dem Spiel steht, sondern dass es für den Aufbau guter Kundenbeziehungen und damit für das Wachstum eine wichtige Rolle spielt.
Dazu gehöre auch Transparenz bei dem Umgang mit Kundendaten, da sich heute 68% um ihre Daten sorgten. Unternehmen dürfen also Daten als Weg zu den Kunden nutzen, müssen aber sicher, sparsam und vertrauensvoll damit umgehen – und stehen gleichzeitig in der Pflicht, die Abfrage von Daten mit guten Erlebnissen „zu bezahlen“. Wer seine Interessen in einer Bestellplattform preisgibt, erwartet danach maßgeschneidert Angebote.
Fazit: Kundenzentrierung ist der bessere Draht zum Kunden
Eine Datenstrategie ist nur die halbe Miete und kann wirkungslos verpuffen, wenn sie nicht den nächsten Schritt vollziehen, indem sie im ganzen Unternehmen gelebt und umgesetzt wird. Das Prinzip Kundenzentrierung ist der richtige Weg und wird, richtig umgesetzt, zum Wachstumsfaktor. Weiterer Vorteil: Ein durch Kundenzentrierung erzieltes, gutes Kundenerlebnis lässt nicht so leicht von der Konkurrenz kopieren, wie etwa niedrige Preise. Zufriedene Kunden, einfacherer Vertrieb und bessere Umsätze werden wiederum die Mitarbeiter motivieren, das Potenzial zu nutzen, das in den Daten steckt. Digitaler, personalisierter Content verbessert die Kundenbeziehungen langfristig. Er hält den Draht zum Kunden, sichert gute Beziehungen und damit die Zukunft des Unternehmens.
Stefan von Gagern, überarbeitet von Janina Zaminer