ERP-Auswahl 2: Von der richtigen Auswahl zur Einführung in das Unternehmen

Die Einsatzszenarien von ERP-Lösungen sind genauso vielfältig, individuell und komplex wie die Unternehmen, in denen sie zur Anwendung kommen. Deshalb ist auch die Suche nach dem passenden ERP-System nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Mit unseren Tipps helfen wir Ihnen, die richtige Lösung für Ihr Unternehmen zu finden.

(Lesedauer: 6 Minuten)

So verschieden Unternehmen, ihre Produkte, ihre Branchen und ihre Mitarbeiter sind, für alle gilt: Der Einsatz einer geeigneten Unternehmenssoftware hilft bei der Unternehmensführung und beim Erfolg. Eine ERP-Lösung trägt dazu bei, das Wachstum voranzutreiben, schneller auf Veränderungen des Markts zu reagieren und so langfristig erfolgreich zu sein. Denn sie steuert sämtliche Prozesse im Unternehmen, sie schafft eine geeignete Informationsbasis und Transparenz über die finanzielle Situation des Unternehmens, sie optimiert den Vertrieb und die Kommunikation mit den Kunden und macht Fertigungsprozesse effizienter.

Dabei wachsen die Anforderungen an ERP ständig: Industrie 4.0, mobile Anwendung, eCommerce, künstliche Intelligenz, gestiegene Kundenanforderungen, etc. stellen hohe Ansprüche an die Systeme. Viele Systeme sind zu alt für die neuen Herausforderungen. Der Nachholbedarf ist hoch.

Die wichtigsten ERP-Auswahlkriterien

1.   Unterstützung der unternehmerischen Prozesse

Die funktionalen Anforderungen gelten als höchste Priorität einer ERP-Software. Hier sollte immer die Frage im Raum stehen: Eignet sich die ERP-Software XY für die Prozesse und Anforderungen des Unternehmens? Es ist, dass die Software branchenspezifische Anforderungen im Systemstandard abbilden kann.

2.   Nichtfunktionale Anforderungen

Zu diesem gehören unter anderem die laufende Weiterentwicklung der Software, Schnittstellen und die Erfüllung von Compliance-Anforderungen.

·         Compliance-Anforderungen

… sind stark von der Branche des Unternehmens abhängig. Sicher ist, dass das System folgende Funktionen übernimmt: Es trägt dazu bei, Verstöße zu vermeiden und fördert die Einhaltung von Regeln und Vorschriften. Obendrein kommt eine ERP-Lösung bei notwendigen Kontrollen zum Einsatz und übernimmt die nötigen Dokumentationen.

·         Schnittstellen

… sind relevant, damit die neue ERP-Software erfolgreich in die vorhandene IT-Landschaft des Unternehmens eingebettet werden kann. Ebenso sollte das System in der Lage sein, Daten konsistent aus dem Vorsystem zu übernehmen.

·         Regelmäßige Weiterentwicklung

Die schnell voranschreitende Digitalisierung bringt immer wieder neue Gesetze mit sich. Branchenstandards entstehen und vergehen. Es sollte also unbedingt sichergestellt sein, dass die Software eines Anbieters permanent weiterentwickelt wird und immer am neusten Stand ist.

·         Mobilität

Heutzutage greifen Nutzer gerne über mobile Endgeräte auf Geschäftsdaten zu. Sollte eine Software dies nicht bieten können, entsteht eine Schatten-IT mit Sicherheitsrisiken. Aus diesem Grund ist es ratsam, bei der Auswahl der ERP-Lösung darauf zu achten, dass diese auch auf mobilen Geräte nutzbar ist.

3.   Flexibilität, Internationalisierung, Skalierbarkeit

Unternehmen sollten eine Software implementieren, die nicht nur noch heute die Prozesse unterstützt, sondern auch morgen, übermorgen, …
Wächst ein Unternehmen, sollte das ERP-System in der Lage sein, mitzuwachsen. Betriebsnotwendige Funktionalitäten, Performance und Kapazität sollen langfristig zur Verfügung gestellt werden. Daraus ergeben sich folgende Anforderungen:

·         Skalierbarkeit

Das ERP-System soll eine Ausweitung der Unternehmensaktivitäten in die Breite und Tiefe zulassen – sprich: Horizontal und vertikal skalierbar sein.

·         Flexibilität

Ebenso sollte es flexibel genug sein, um Umstrukturierungen, veränderte Abläufe und Methoden zu erlauben.

·         Internationalisierung

… ist eine der relevantesten Kriterien für die Auswahl einer ERP-Software, wenn Niederlassungen oder geschäftliche Tätigkeiten im Ausland vorhanden oder geplant sind. Hier sind nicht nur sprachliche, sondern etwa auch steuerrechtliche Anpassungen von Nöten.

4.   Branchenerfahrung des Anbieters

Bei der Auswahl eines ERP-Anbieters sollte darauf geachtet werden, ob und wie erfolgreich dieser Unternehmen in derselben Branche bedient.

Hierfür könnte man sich Referenzen, Testimonials oder Anwendungsberichte zeigen lassen. Spätestens beim Pitch sollten Anbieter präsentieren, welches Branchen-Know-How die hauseigene ERP-Software bietet.

5.   (Folge-)Kosten der ERP-Auswahl

Nach der Einführung eines ERP-Systems sind die Kosten nicht erledigt – langfristige Betriebskosten sollten nämlich nicht außer Acht gelassen werden. Um die Gesamtkosten der Investition ermitteln zu können, sollten folgende Kosten beachtet werden:

  • Implementierungskosten
  • Betriebskosten
  • Schulungskosten

Da nun die 5 wichtigsten Auswahlkriterien abgedeckt wurden, geht es im nächsten Schritt darum, wie man die neue ERP-Software richtig in das Unternehmen einführt.

Wie man ein neues ERP-System in den Betrieb einführt

1.   Eine realistische Zeitplanung

Bevor die aktive Suche überhaupt beginnt, sollte man sich bewusstmachen, dass das Projekt „neues ERP-System“ sehr zeitaufwendig ist. Wer Bewusstsein schafft, vermeidet unnötigen Stress und Druck, der sich wiederum auf das Tagesgeschäft auswirkt. Dadurch wird bereits von Anfang an dafür gesorgt, dass das Projekt mehr Unterstützer gewinnt und allgemein trägt es zu einem besseren Gelingen bei.

Eine gute Zeitplanung ist also die halbe Miete.

2.   Das richtige Team

Ein gut gewähltes Team feiert große Erfolge. Es ist von Vorteil, wenn die gewählten Mitarbeiter ein gewisses Maß an IT-Kenntnissen vorweisen können oder zumindest Interesse daran haben. Ebenso sollte dem Team ausreichend Zeit für das Projekt eingeräumt werden, da es sonst schnell zu Mehrbelastungen und Frust kommt.

3.   Relevante Unternehmensprozesse identifizieren

Wie gut ein ERP-System zum Unternehmen passt, steht und fällt mit den Kenntnissen der Prozesse. Durch ERP-Systeme können Abläufe automatisiert und Prozesse optimiert werden. Damit man hier Erfolge feiern kann, muss bei der Auswahl genau festgelegt werden, welche Unternehmensprozesse abgebildet werden sollen. Die Ausarbeitung sollte so exakt wie möglich erfolgen, um zu erkennen, welche aktuellen Herausforderungen und Probleme es gibt und wie man diese beseitigen kann.

4.   Leistungsumfang der neuen Software

Nach Schritt drei ist man in der Lage, die Anforderungen an das neue ERP-System präziser zu benennen. Das Ziel ist, dass durch die Einführung der neuen Software die bisherige Produktivität verbessert wird – und zwar für all jene Bereiche und Abteilungen, die davon betroffen sind.

Am besten holt man von Anfang an die betroffenen Mitarbeiter bei der ERP-Auswahl ins Boot, um herauszufinden, wo Verbesserungspotenzial zu finden ist. Das sorgt auch dafür, dass mehr Mitarbeiter die Einführung eines neuen Systems akzeptieren und unterstützen. Fakt ist nämlich, dass eine neue ERP-Software nicht immer alle Prozesse beschleunigt. Manche Prozesse werden unter Umständen auch umständlicher als vor dem neuen System. Am Ende zählt, dass die Gesamtproduktivität deutlich erhöht wird.

5.   Anlegen eines Lastenheftes

Mithilfe eines Lastenheftes können Anforderungen an das neue System schriftlich dargestellt werden. Hier kann man die gewünschten Funktionen in unterschiedlichen Kategorien (sehr wichtig, wünschenswert, wenn vorhanden, etc.) vermerken.

Diese Priorisierung hilft dabei, den Vergleich und die Auswahl zu vereinfachen und beschleunigen. Jedoch sollte man darauf achten, dass das Lastenheft übersichtlich bund auf die wichtigsten Punkte reduziert bleibt.

6.   Vorauswahl

Die Zahl an ERP-Anbietern ist so groß, dass die Auswahl nach der richtigen Software der Suche nach der Nadel im Heuhaufen ähneln könnte.

Die bereits genannten Schritte helfen jedoch die Suche zu erleichtert. Zur aktiven Suche eignen sich die gängigen Suchmaschinen. Aber auch die sozialen Netzwerke bieten sich vermehrt zur Anbieterrecherche an. Am Ende ist es wichtig darauf zu achten, dass man in keinem Meer an Vorauswahl-Anbietern untergeht, sondern sich auf eine kleine Zahl fokussiert, die die notwendigen Anforderungen erfüllen.

7.   Präsentationen der ERP-Anbieter

Eine Präsentation seitens der verschiedenen Anbieter ist eine große Chance, deren System kennenzulernen. Man erfährt mehr über den Aufbau und wie diese in der Praxis angewendet wird.

Es kann hilfreich sein, den Anbietern während der Präsentationen bestimmte Aufgaben zu stellen, um konkret sehen zu können, wie Abläufe und Prozesse im ERP-System dargestellt werden könnten. Dadurch lässt sich schnell erkennen, ob die präsentierte Software wirklich zum Unternehmen passt – immerhin sollte diese den Betrieb über viele Jahre begleiten.

8.   Bewertungskriterien für die Auswahl

Das Wichtigste zum Schluss: Vorab festgelegte Bewertungskriterien helfen bei der Entscheidungsfindung.

An erster Stelle steht die Frage, welche Softwarelösung am ehesten die Ansprüche des Unternehmens erfüllt – von den Funktionen bis hin zur Handhabung. Ebenso ist es wichtig sich die Frage zu stellen, ob die Software zukünftige Herausforderungen bewältigen kann. Auch spielen die Kosten für die Einführung und die diversen Lizenzen eine große Rolle. Auch ist die Chemie zum ERP-Anbieter wichtig: Vertrauen ist das A und O und das erleichtert die Zusammenarbeit.

Fazit

Auch wenn der Auswahlprozess einer ERP-Lösung eine anspruchsvolle Aufgabe ist: Der Zeitaufwand lohnt sich. Eine passende ERP-Lösung wirkt langfristig auf den Unternehmenserfolg, die Mitarbeiterzufriedenheit sowie das Unternehmenswachstum ein.

Mit einer guten Vorbereitung und Planung des Auswahlprozesses wird die Entscheidungsfindung einfacher als gedacht. Ihre positiven Effekte werden – auch nach vielleicht anfänglichem Widerstand der Mitarbeiter – zeitnah Wirkung zeigen: Schnellere, optimierte Prozesse, geringere Kosten und eine bessere Transparenz befähigen ein Unternehmen mit einem modernen ERP, sich schnell und flexibel den Marktanforderungen anzupassen.

Lesen Sie unser E-Book „Schritt für Schritt zur richtigen ERP-Lösung“ für ERP Suchende, um eine kostenlose Hilfestellung zu erhalten. Ebenso können Sie Teil 1 lesen, um zu wissen, welche Fehler Sie bei der Suche nach dem passenden ERP-System vermeiden sollten.

Janina Zaminer