Perspektivenwechsel in der Unternehmensnachfolge: Das Search-Fund-Modell.
Im Zuge der Nachfolgeregelung bei Unternehmen erhält das Search-Fund-Modell immer mehr Aufmerksamkeit.
(Lesedauer: 6 Minuten)
Vor allem aus der Perspektive scheidender Unternehmensleiter/Firmeninhaber bietet das Übernahmemodell Management-Buy-Out (MBO) viele attraktive Anreize. Ein Anreiz ist, dass der neue Käufer aus dem „eigenen Haus“ kommt. Dieser hat eine besondere Motivation, das Unternehmen zu erhalten und gegebenenfalls zu expandieren.
Doch wer sich als Inhaber nur darauf konzentriert, dass Kandidaten seinen Vorstellungen eines Nachfolgers entsprechen, läuft Gefahr, einige potenzielle Interessenten von vorne herein auszuschließen. Und genau hier setzt das Search-Fund-Modell an.
Man findet nur den Nachfolger, den man sucht
Wer das eigene Unternehmen in neue Hände legen will, wird sehr kritisch und sorgfältig auf potenzielle Nachfolger schauen. In Familienunternehmen geht es dabei nicht selten um die Arbeit von Generation, die erhalten und weitergeführt werden soll. Dennoch sollte man immer wieder auch einen Perspektivenwechsel vollziehen.
Es ist das Prinzip jedes „Verkäufers“: Nicht nur „was will und kann ich verkaufen?“ ist relevant, sondern auch die Frage „welchen Bedürfnissen kann ich mit welchen Angeboten entgegenkommen?“ Oder in diesem Kontext: „Was muss mein Unternehmen jemandem bieten, der es erfolgreich weiterführen soll?“
Entstehung des Search-Fund-Modells
Das Search-Fund-Modell entstand in den 1980er Jahren an der US Elite-Universität Standford als Antwort auf die Nachfolger-Frage. Auf der einen Seite gibt es Unternehmen, die auf der Suche nach Nachfolger in der Führung sind. Auf der anderen Seite befinden sich hochqualifizierte Experten, die bereits Berufserfahrungen haben.
Experten, die sich als Inhaber und Leiter beweisen, aber selbst kein eigenes Unternehmen neu aufbauen wollen. Die Frage hier ist: Wie bringt man die beiden Seiten zusammen?
Das Search-Fund-Prinzip und seine Zielgruppen
Praktisch übersetzt bedeutet Search Fund: Gelder für einen Menschen, der sich als potenzieller neuer Inhaber bei Unternehmen ins Spiel bringen will. Man investiert nicht nur in eine Anlage, sondern auch in jemanden, der nach einer passenden Anlage sucht und sie leiten will.
Das Search Fund-Modell gliedert sich in drei Phasen:
- Ein Experte mit Übernahme-Wunsch (Searcher) sucht sich Investoren. Diese sponsern den Searcher über den gesamten Such-Zeitraum hinweg. Das bedeutet in der Regel 2-3 Jahre. Das gemeinsame Ziel ist, ein passendes Unternehmen für den Experten zu finden, der dieses übernimmt und zukünftig leitet. Zusätzlich zum persönlichen Sponsoring halten die Investoren Kapital für eine Übernahme des Betriebs bereit.
- Der Suchende macht sich auf, ein Unternehmen für eine Übernahme zu finden.
- Sobald er fündig geworden ist, tritt er mit dem entsprechenden Unternehmen sowie seinen Investoren in Verhandlung.
Es wird deutlich, dass der Searcher über eine exzellente bis herausragende Expertise verfügen muss, um Geldgeber zu finden, die allein auf Basis seiner Fähigkeiten in ihn investieren. Ebenso muss der Searcher den scheidenden Unternehmensinhaber von sich überzeugen. Vom Prinzip her gleicht dieses Modell dem Management-Buy-In (MBI). Im Unterschied dazu finanzieren Investoren aber nicht nur den Kauf eines Unternehmens. Sie übernehmen schon vorher zusätzlich den Unterhalt desjenigen, der überhaupt erst nach einem passenden Betrieb sucht, um ihn selbst später zu führen.
Profil: Searcher beim Search-Fund-Modell
Wegen der notwendigen Kompetenzen, über die der Searcher verfügen muss, ergibt sich ein relativ spitz zugeschnittenes Profil. Berufspraxis allein wird kaum ausreichen, um Investoren zusätzlich als Sponsoren über Jahre für sich zu gewinnen, ohne die Gewissheit, fündig zu werden.
Hier dürften ausschließlich Universitäts-Absolventen mit herausragenden Leistungen Infrage kommen, die zusätzlich:
- Über eine anschließende berufliche Vita,
- Ausgezeichnete Management-Kompetenzen,
- Sowie die Fähigkeit und Neigung zur voll verantwortlichen Leitung eines eigenen Unternehmens zu erkennen sind.
Der Searcher sollte langfristig denken und strategisch handeln
Auf der Hand liegt, dass ein solcher Searcher eben nicht als Start-up anfangen möchte, sondern sich zutraut oder den Ehrgeiz hat, bereits bestehende Unternehmen und Marken auszubauen und größere Visionen zu entwickeln. Der Aufbau eines Unternehmens von Grund auf erfordert andere Skills, die – unabhängig von fachlichen Kompetenzen – nicht jedem liegen.
Fachexpertise, hoher Bildungsgrad und Management-Erfahrung sind notwendig
Das wiederum lässt auch vor dem Hintergrund gängiger Personalplanungen in Unternehmen auf ein relativ enges Altersfenster des Searchers schließen. Egal wie herausragend oder einzigartig ein oder mehrere Ausbildungsabschlüsse des Suchenden sind – ohne berufliche Praxis scheint so ein Unterfangen unmöglich. Wer sich eine Unternehmensleitung zum persönlichen Ziel macht, muss in der Regel zumindest über Management-Erfahrungen verfügen.
Searcher zwischen Dreißig und Vierzig sollte erfahren genug sein, um auf dem Top-Level in der entsprechenden Branche ein Unternehmen zu führen, und jung genug, um sich dem zu erwartenden Stress solcher Ambitionen auszusetzen.
Profil: Investor beim Search-Fund-Modell
In der Praxis des Search-Fund-Modells rechnet man mit 2-3 Jahren für die Suche nach einem passenden Unternehmen, das eine Nachfolge sucht. Dazu kommen eine Übergangszeit für letztlich ergebnisoffene Verhandlungen sowie eine Einarbeitungsphase.
Es vergehen also Jahre, bevor die Übernahme eines Unternehmens vollzogen ist. Das hierfür entsprechend nötige Engagement geht deutlich über das aus der Start-up-Szene bekannte Maß von Business Angels hinaus. Der oder die Investoren eines Search Funds planen über lange Zeiträume mit Priorität auf langfristigen, dann aber dauerhaften, Profit.
Quantitative Einordnung des Search-Fund-Modells
Jeder scheidende Unternehmensinhaber sollte sich also glücklich schätzen, wenn ein Searcher mit Investoren im Gepäck auf ihn zutritt – oder? Was theoretisch überzeugend anmutet, erfährt aber erst mal eine Ernüchterung angesichts aktueller Fallzahlen.
Eine jährliche Studie der IESE EIC Business School der Universität von Navarra (Spanien) begann 1992 diese zu ermitteln (Stand 2018). Man spricht in diesem Fall also von einem Zeitraum von 26 Jahren und einem weltweiten Einzugsgebiet – jedoch wurden für diese Studie Länder wie die vereinigten Staaten, Kanada, Russland oder Australien nicht berücksichtigt. Für das Jahr 2017 werden für den Rest der Welt 21 existierende Search Funds ausgewiesen. Letzter Stand der erfolgreichen Abschlüsse: 9.
Search-Fund-Modell bietet Denkanstöße und Perspektiven
Zusammenfassend ist zu sagen: Das Search-Fund-Modell ist nicht so einfach realisierbar, wie es oft verkauft wird. Die Ursachenforschung steckt hier noch in den Anfängen. Auch wird deutlich, dass bei diesem Modell stärker als etwa bei MBO und MBI Unterschiede in Unternehmenskulturen eine Rolle spielen.
Janina Zaminer, übernommen von Heino Erdmann