Neben der sofortigen Übernahme eines Unternehmens durch einen Nachfolger gibt es die Möglichkeit einer stufenweisen Übergabe durch den Altunternehmer, die Vorteile für beide Seiten bietet. Allerdings sollte eine solch stufenweise Unternehmensnachfolge sehr gut begleitet und vertraglich abgesichert werden, weil es neben Vorteilen auch einige Fallstricke gibt. Zu diesem Thema wurde der Rechtsanwalt Dr. Packi zu Rate gezogen.
(Lesedauer: 5 Minuten)
Worauf Sie als Nachfolger achten sollten
Beim Modell der stufenweisen Nachfolge erfolgt die Unternehmensübergabe schrittweise, der Altunternehmer bleibt als Mehrheits- oder als Minderheitsgesellschafter seinem Unternehmen weiterhin verbunden und das über einen bestimmten Zeitraum. Sie als Nachfolger treten zum Beispiel als Geschäftsführer ins Unternehmen ein, erwerben erste Anteile und führen das Unternehmen allein, manchmal noch gemeinsam mit dem bisherigen Eigentümer.
Stufenweise Unternehmensnachfolgen finden wir häufig bei familieninternen Nachfolgen, weil es hier schon allein aus erbschaftssteuerlichen Gründen Sinn macht, den Eigentumsübergang schrittweise vorzunehmen.
Stufenweise Modelle bei externen Nachfolgen und ihre Vorteile
Bei externen Nachfolgen, ob aus dem Unternehmen selbst (MBO) oder durch einen Nachfolger von außen (MBI), treffen wir ebenfalls auf stufenweise Übernahmen. Sie wird beispielsweise gern von übergebenden Unternehmern gewählt, die ihr Lebenswerk noch ein Stück begleiten wollen um ihr Lebenswerk in gut vorbereitete Hände zu übergeben. Auch Nachfolger präferieren eine solche Vorgehensweise manchmal. Es sind meist Manager, die nicht immer den finanziellen Spielraum haben, um einen Unternehmenskauf sofort und zu 100% zu finanzieren. Dabei gibt es unterschiedlichste Formen und Modelle, um eine stufenweise Unternehmensübergabe zu gestalten. Sie kann vom Unternehmer ausgehen, der seine Nachfolge plant und eigene Managementmitglieder oder einen fremden Manager als künftigen Nachfolger gezielt in einem stufenweisen Prozess aufbaut. Er kann auf diese Weise gleichzeitig den endgültigen Abschied von seinem Unternehmen hinauszögern, der vielen Unternehmern sehr schwerfällt. So behält er weiterhin die Kontrolle über die Firma, kann sich über einen bestimmten Zeitraum hinweg ein konkretes Bild von den Führungsfähigkeiten des künftigen Nachfolgers machen, aber auch die Reißleine ziehen, wenn etwas grundsätzlich nicht funktioniert.
Als Nachfolger kann es für Sie ebenfalls gute Gründe für einen stufenweisen Übergang geben. Wenn Sie ein Unternehmen gefunden haben, bei dem eigentlich alles für Sie stimmt – doch aus finanziellen Gründen eine sofortige vollständige Übernahme nicht möglich ist. Wurde die Firma bisher sehr inhaberabhängig geführt, kann es für Sie zudem Sinn machen, sich die Unterstützung des bisherigen Besitzers für einen gewissen Zeitraum zu sichern. So vermeiden Sie es, Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden zu verlieren, die meist stark auf dessen Person fixiert sind.
Neben der Führungsverantwortung erwerben Sie als Nachfolger meist einen ersten Anteil am Unternehmen, was den Willen zur Übergabe durch den Altunternehmer unterstreicht. Das ist motivierend und Sie profitieren damit vom Wertzuwachs des Unternehmens, zu dem Sie selbst ja ab sofort maßgeblich beitragen. Als Miteigentümer und mit der Perspektive der vollständigen Übernahme werden Sie sicher mehr ins Unternehmen investieren als Sie anfänglich herausnehmen.
Selbst wenn Sie ein Unternehmen in einem Schritt vollständig erwerben, kann es für Sie als Nachfolger sinnvoll sein, Ihren Vorgänger noch im Unternehmen zu halten beispielsweise durch einen zu schaffenden Beirat oder Beratervertrag. Eine solche Konstellation ist deshalb ideal, weil Sie sich dadurch Know-how-Transfer und Unterstützung sichern, ohne dass der Altunternehmer wirtschaftlich noch Einfluss nehmen und in Ihre Geschäftsführung eingreifen kann.
Nachteile von stufenweisen Nachfolgemodellen
Stufenweise Nachfolgemodelle bergen aber auch einige Fallstricke, denn das Miteinander von Altunternehmer und Nachfolger funktioniert nicht immer konfliktfrei. Meist ist die Problematik dahinter von psychologischer Art, so Rechtsanwalt Dr. Packi, besonders das Thema der Loyalität der Mitarbeiter begegnet ihm in seinen Beratungsmandaten häufig. Denn nicht nur im Konfliktfall gilt diese Loyalität erfahrungsgemäß dem bisherigen Unternehmer und der potenzielle Nachfolger muss sich Vertrauen und Loyalität der Belegschaft erst erarbeiten.
Dazu kommen Streitpunkte zwischen Alt- und Neuunternehmer, die daraus rühren, dass Sie als Nachfolger natürlich Ihre Vorstellungen von Geschäftsleitung, Mitarbeiterführung oder Unternehmenskultur umsetzen möchten. Das wird manchmal vom Vorgänger nicht nur abgelehnt, sondern sogar als persönliche Herabsetzung empfunden. Wie in dem Fall, in dem ein Nachfolger die gesamte Belegschaft zu einem Sicherheitstraining schickte, was der Unternehmensgründer seit Jahren nicht mehr getan hatte. Das führte dann zu einigen Verwerfungen im Nachfolgeprozess.
Bei der Entscheidung für eine stufenweise Unternehmensnachfolge sollte Ihnen bewusst sein, dass Sie in der Umsetzung viel Fingerspitzengefühl benötigen werden. Ein solcher Prozess kann nur Erfolg haben, wenn alle Beteiligten ihn als eine Partnerschaft auf Zeit betrachten.
Auch die Problematik des Nichtloslassenkönnens kann zum Fallstrick werden, wenn die Verantwortlichkeiten und Befugnisse der Beteiligten nicht genau geregelt sind. Vor allem sollte ein fester Zeitpunkt definiert sein, ab dem der Nachfolger die volle Verantwortung übernimmt und sich der Alteigentümer vollkommen zurückzieht. Dazu gehört die Festlegung, wann und in welcher Form der vollständige Eigentumsübergang erfolgen soll.
Schon kleine Streitpunkte können, so Dr. Packi, eskalieren und manchmal sogar zu langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen führen, wenn nicht durch klare Regeln vorgesorgt wird. Solche Streitigkeiten, über zwei Instanzen geführt, dauern im schlimmsten Fall bis zu fünf Jahre. Fünf Jahre, in denen das Unternehmen nicht richtig geführt wird und womöglich schlechter läuft, Arbeitsplätze verloren gehen oder sogar der Bestand des Betriebs gefährdet wird.
Aus seiner Praxis kennt der Anwalt einige solcher Fälle, darunter Unternehmen, die auf diese Weise nicht nur mehrere Nachfolger erfolgreich „vertrieben“ haben, sondern im inzwischen vorgerückten Alter ihr Unternehmen noch immer nicht übergeben konnten.
Schutz vor Fallstricken
Stufenweise Unternehmensnachfolgen können gut funktionieren, meint Dr. Packi und empfiehlt sie seinen Mandanten, wenn berechtige Gründe dafür vorliegen. Doch sie müssen vertraglich vorbereitet und rechtlich abgesichert angegangen werden. Konfliktlösungsmechanismen müssen bereits in den Kaufvertrag Eingang finden, die im Streitfall zum Einsatz kommen können.
Wenn es keine klaren Verabredungen und vertraglichen Regelungen gibt, wie im Falle unlösbarer Konflikte zu verfahren ist, können die Beteiligten nur mit Sonderregelungen des Gesellschaftsrechts wie Einziehung von Geschäftsanteilen oder Ausschluss agieren. Doch man muss einen wichtigen Grund vorweisen, um jemanden erfolgreich aus einer Gesellschaft entfernen zu können. Langwierige rechtliche Auseinandersetzungen sind die Folge und am Ende kann es passieren, dass die Gerichte die Gründe nicht anerkennen und es nach Jahren des Streits schließlich weiterhin keine Perspektive für das Unternehmen gibt. Deshalb ist es sehr wichtig, dass im Falle eines nicht beizulegenden Streits ein Gesellschafter die Firma übernehmen kann oder aber seinen Geschäftsanteil zurückgeben kann. Dafür lässt sich ein Prozedere vorsehen, bei dem die Beteiligten innerhalb einer Frist, beispielsweise 30 Tage, ein Kaufangebot für das Unternehmen abgeben müssen. Zugrunde gelegt wird meist ein Wertgutachten, für das beide Parteien einen Gutachter vorschlagen können. Gibt es keine Einigung über den Gutachter, kann man sich über den Präsidenten des Landgerichts einen solchen empfehlen lassen, der dann den Kaufpreis festlegt. Der Gesellschafter mit dem höchsten Angebot erhält schließlich die Anteile des anderen und führt die Firma fortan allein weiter. In manchen Fällen funktioniert nur eine solche Konfliktlösung, um dem Unternehmen eine Perspektive zu geben.
Sie als Nachfolger sind bei einer solchen Lösung allerdings oft im Nachteil, denn dem Altunternehmer wird es erfahrungsgemäß besser gelingen, eine Finanzierung innerhalb einer solchen Frist aufzustellen.
Durch nachfolgerfreundliche Regelungen wie etwa die Streckung der Kaufpreiszahlung über drei Jahre lassen sich, wenn gewollt, solche Nachteile ausgleichen.
Fazit
Stufenweise Nachfolgen können das Nachfolgegeschehen insgesamt befördern, da sie den Prozess für beide Seiten erleichtern. Unternehmer, die sehr stark mit ihrem Unternehmen verbunden sind, dafür sich schrittweise von ihrem „Baby“ ablösen und Verantwortung abgeben. Sie begleiten den künftigen Nachfolger bei seinen ersten Schritten und können planmäßig ihr Unternehmen mit der Überzeugung übergeben, dass der Neue den Betrieb erfolgreich weiterführen wird.
Jüngere Manager bekommen zusätzliche Möglichkeiten, eine Nachfolge anzutreten, weil ein stufenweises Vorgehen Finanzierungen erleichtert, an denen Unternehmensnachfolgen nicht selten scheitern. Für manche kann außerdem eine solche Nachfolge „unter Aufsicht“ und mit Unterstützung die Hemmschwelle senken, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.
Jan Friedrich, überarbeitet von Janina Zaminer